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Europäischer Tag der Sprachen – Vielfalt ist unsere Stärke

In Europa sind 150 bis über 200 Sprachen verbreitet. Neben den großen, oft weltweit verbreiteten Schriftsprachen sind dies vor allem Sprachen von Minderheiten. Diese werden oft zugunsten der Amtssprachen übersehen und genießen ein geringeres Prestige. Dies kann sich in der Diskriminierung ihrer Sprecher*innen widerspiegeln .

Die vom Europarat 1992 gezeichnete “Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen” ächtet diskriminierende Praktiken gegen Sprachen von staatlicher Seite. Beide Papiere sind grundlegend für die Akzeptanz und Förderung der Pluralität in Europa.

Leider wirkt das nicht auf dem gesamten Kontinent. So hat das Regime in Belarus kürzlich eine radikale Russifizierungspolitik und damit einhergehend die Verfolgung des Belarussischen begonnen. Wegen der Verwendung dieser Sprache – die auch offizielle Amtssprache des Landes ist – wurde etwa der Stadtführer Ihar Chamara in Minsk festgenommen. Und da der russische Angriffskrieg die Vernichtung der ukrainischen Identität zum Ziel hat, ist es wenig verwunderlich, dass die Besatzung mit Bücherverbrennungen und Vorgehen gegen Sprecher*innen des Ukrainischen einhergeht.
Es gibt also Regionen in Europa, in der die Wahl einer bestimmten Sprachen auch Folter oder gar Ermordung nach sich ziehen kann.

Vor diesem Hintergrund müssen wir uns gegen alle Versuche stellen, welche Deutsch als alleinige Sprache in diesem Land vorsehen. Es darf und kann niemand gezwungen werden, Deutsch zu Hause zu sprechen, wie es regelmäßig in der Politik vorgeschlagen wird. Diese populistischen Forderungen schüren nicht nur Ressentiments, sondern sind Ausdruck autoritären Geistes. Die Antwort darauf muss der Ausbau an Fremdsprachenkompetenz sein. Denn Mehrsprachigkeit schützt vor der Idee, Sprache zur Trennung zwischen den Menschen zu nutzen, und fördert stattdessen Vielfalt und Zusammenhalt.

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Neue EU-Beitrittskandidaten – eine europäische Perspektive

Wir, die Jungen Europäischen Föderalist*innen, unterstützen ausdrücklich die Entscheidung des Europäischen Rats, der Ukraine und der Republik Moldau den EU-Beitrittskandidatenstatus zuzuerkennen. Die einstimmige Entscheidung der europäischen Staats- und Regierungschefs für eine europäische Perspektive der Ukraine und der Republik Moldau sind ein wichtiges Bekenntnis diesen beiden Staaten gegenüber, die beide unter der Besetzung von Teilen ihres Staatsgebiets durch Russland leiden. Insbesondere die Ukraine zeigt angesichts der völkerrechtswidrigen Invasion Russlands und der Verschärfung des Krieges am 24. Februar 2022, was es bedeutet, für die europäischen Werte einzustehen. Wir Europäer:innen müssen die Ukraine weiterhin unterstützen, nicht nur mit symbolischen Gesten wie der Verleihung des Kandidatenstatus, sondern kontinuierlich. Politisch, wirtschaftlich, militärisch, im Großen und im Kleinen.

Dazu gehört auch, dass die Verleihung des Kandidatenstatus als seriöses Angebot verstanden werden soll: Die Ukraine und die Republik Moldau sind in der EU willkommen. Um dieses Angebot auch umsetzen zu können, braucht es parallel zum Beitrittsprozess auch strukturelle Reformen in der EU, wie den Übergang zu Mehrheitsentscheidungen im Rat. Dieser Reformprozess ist durch die Konferenz zur Zukunft Europas bereits angestoßen worden. Durch die Verleihung des Kandidatenstatus an die Ukraine und die Republik Moldau wird seine Wichtigkeit und Dringlichkeit nochmals verdeutlicht.

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UKRAINE IS EUROPE – STOP PUTIN – STOP WAR

Vor einer Woche sind wir in einem anderen Europa aufgewacht. Seither sind wir überflutet mit verschiedensten Informationen und die Situation ist unübersichtlich.

Eines jedoch können wir mit Sicherheit sagen: Wir verurteilen Putins Angriffskrieg auf das Schärfste und solidarisieren uns klar mit der Ukraine.

Mit der Anerkennung zweier “Volksrepubliken” auf dem Donbass und dem anschließenden Angriff auf die Ukraine erreicht die russische Aggression, die die territoriale Integrität der Ukraine seit nunmehr acht Jahren verletzt, neue Ausmaße.

Putin stellt die Nationen Europas vor vollendete Tatsachen. Er zeigt endgültig sein wahres Gesicht, den Willen, Krieg und Leid zu verursachen, dass diplomatische Bemühungen nicht anerkennt werden und dass das Interesse an geopolitischer Macht höher ist als an einem friedlichen Miteinander.

Wir wollen eine überparteiliche und europaweite Solidarität mit der Ukraine und vor allem mit den vom Krieg betroffenen Menschen erreichen. 

Deshalb fordern wir die Bundesrepublik Deutschland und alle anderen europäischen Staaten auf

·       die scharfen Sanktionen gegen die russischen Oligarchen und somit Putin konsequent umzusetzen

·       sich mit ihren Verbündeten weiterhin für den Stopp des russischen Angriffskriegs einzusetzen

·       die Finanzierung der russischen Armee über den Kauf von Gas und Kohle zu beenden

·       die unbürokratische und schnelle Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine zu gewährleisten

·       der Ukraine (sowie Georgien und Moldawien) den Status als EU-Beitrittskandidaten zu gewähren

·       die Ukraine mit allen diplomatischen, ökonomischen und indirekt militärischen Mitteln zu unterstützen, die zur Verfügung stehen

#SolidarityWithUkraine #UkraineIsEurope #EUkraine

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Unser Senf zu 100 Tage Biden

Ein Beitrag von Paula Schuster

Im November letzten Jahres blickte die ganze Welt gespannt in die USA – die Präsidentschaftswahlen 2020 beherrschten tagelang weltweit die Medien.  Ein denkbar knappes Rennen war die ganze Sache, jedoch traf das amerikanische Volk eine Entscheidung zu Gunsten des demokratischen Kandidaten Joe Biden. Zusammen mit Kamala Harris als Vizepräsidentin wurde er am 20. Januar in Washington D.C. vereidigt. Heute, 100 Tage später, wollen wir nun Bilanz ziehen und prüfen, was Biden und Harris in dieser Zeit erreicht haben.

Ein zentrales Thema, das alle Aspekte unseres Lebens im letzten Jahr beherrschte, war natürlich die Coronakrise. Donald Trump als Vorgänger von Biden bewies seine Fähigkeiten als explizit schlechter Krisenmanager und hinterließ tiefe Spuren der Verwüstung. Auch zeigte die Coronakrise die Lücken des Gesundheits- und Sozialsystems sehr deutlich. Biden kandidierte mit dem Versprechen, ein wirtschaftlich und sozial zerrüttetes Amerika durch die Krise zu führen und wieder aufbauen und vereinigen zu wollen. In den letzten drei Monaten wurde das Ziel von 100 Millionen Impfdosen so schnell erreicht, dass auf 200 Mio. Impfdosen erhöht wurde. Des Weiteren wurde ein riesiges Hilfspaket für die Wirtschaft verabschiedet, das unter anderem Direktzahlungen an die Bürger, verbesserte Arbeitslosenkonditionen und ein Kindergeld beinhaltet. Die Arbeitslosenraten sinken wieder, Experten prognostizieren einen Anstieg im Wirtschaftswachstum und Biden geht als Sieger hervor.

Ein weiterer großer Punkt in Bidens Wahlkampf war der Klimawandel. Als erste Amtshandlung trat er dem Pariser Klimaabkommen wieder bei, aus dem Trump noch ausgetreten war und stellte einen Plan für erneuerbare Energien vor.

Ebenfalls zu erwarten – die große Veränderung in der Außenpolitik, ein absoluter Gegensatz zu Trumps „America first“. Erwartet werden verbesserte Beziehungen nach außen, insbesondere zur EU. Der größte Einschnitt, der die ganze Welt betrifft, ist seither jedoch der Abzug aller Truppen aus Afghanistan bis spätestens 11. September.

Der systematische Rassismus ist in den USA seit jeher ein Problem für viele. Der Mord an George Floyd durch einen Polizisten ging um die Welt und löste Aufruhr und Massenproteste aus. Das Urteil fiel, schuldig in allen Punkten wurde der Polizist gesprochen, was einen ersten Schritt in die richtige Richtung zeigt. Biden und Harris riefen die Angehörigen persönlich an und gratulierten zum Ausgang des Urteils – eine schöne Geste, die Volksnähe zeigt.

Ein großes Thema für Trump und ein überraschendes Problem für Biden stellt die illegale Einwanderung von Mexico in die USA dar. Durch die Erwartung, dass Biden und Harris eine offenere Einwanderungspolitik gestalten würden, wurden die Erstaufnahmestellen beinahe überrannt. Es herrschte Überforderung und auch Chaos, da man auf diesen Ansturm nicht vorbereitet war. Eine erste Schwachstelle in Bidens seither so starker Präsidentschaft, sagen viele.

Um zum Punkt zu kommen: Biden und Harris sind um Längen kompetenter und organisierter als die Vorgänger im Weißen Haus, was ja aber auch keine Kunst darstellt. Seither solide Lösungen, ein souveränes Auftreten, aber auch noch keine Kunststücke – deshalb abwarten was passiert und auch noch gespannt auf die Zeit nach den ersten 100 Tagen blicken.

In diesem Sinne – auf die nächsten Jahre ohne Trump!

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Commentary on the German EU Council Presidency 2020

Johanna’s two pennies:

A half year of Germany’s presidency of the council of the European Union is done. Big deal right? Well, I should probably add it’s the 12th time for Germany. Anyway, the PR-Team did a great job promoting this not so one-time-only event. In the very beginning they gave us the chance to admire all the great projects Germany had planned for their half year. We indeed got the chance to even get several different, yet not really different, lists of topics. So I took on the tremendous task of working through what was planned and even more important what happened to all those plans. 

But let’s put the PR work to the side and let’s have a look at the actual content: First of all – most of you will have recognised it – we’re living through a global pandemic so all the pretty plans had to be adjusted to our unfortunate circumstances. But don’t panic, it’s just a wee bit! As if anyone here was really hit hard by that little virus thing. It clearly was completely doable to keep up with the original plans, such as “Europe’s recovery” (I don’t know what from either), making Europe stronger, more equitable and more sustainable. Why not save the world right away?

Sounds all ambitious and candid. But can the Germans hold up to their promises? Did the outcome match planned achievements? Let’s take a closer look:

  1. overcoming the corona pandemic and economic recovery

That goddamn virus doesn’t seem to be impressed by any agenda. It’s still our biggest problem and it sure will be for quite a spell/while. We all hoped this might be over by now, but surprise here we are with even some mutations and terrific economic fits /conditions. The german federal foreign office takes pride in having “strengthened the European Union both internally and externally” by an “outward show of unity backed by inward solidarity”. I didn’t see much solidarity when european countries were bargaining about medical equipment last spring and export restrictions were put in place.

To see the positive side: many people worked incredibly hard to invent a vaccine in pretty much no time. I guess to accomplish that is pretty cool. Thanks out there!

  1. a stronger and more innovative Europe

I don’t really have much to say about this one. That should always be an important and constant aim, but to make it a priority during those times? Besides this is extremely vague. If you know what’s meant in detail, please let me know!

  1. an upright Europe

Now that’s a great topic. Actually at our general meeting in 2020 we have passed a whole application about it and snuck our key demand into the 2020s BuKo lead proposal of JEF Germany.

  1. a sustainable Europe

“The EU wants to reduce its CO2 emissions by at least 55 percent by 2030, and by 2050 we want to make Europe the first climate-neutral continent. At least 30 percent of EU spending over the next seven years should go into climate protection.”

Not bad! If it works out. Even better if we surpass these numbers, but I don’t wanna become too optimistic. Anyway we and uncountable many people especially from our younger generation will definitely hold you to your promises. 

  1. a strong Europe in the world

Okay guys, I see it’s important but we had to fix some issues on our own little union. Right! I’m speaking of Brexit. You can already guess what I think of it. I’m still unbelievably sad Britain decided to leave us and I just hope we can come closer again in the future. Nonetheless (and all problems with it aside) it was actually managed to get to an agreement. Given that we couldn’t be certain about that up to the very last minute (literally), I’m impressed. 

Apropos/ speaking of I’m impressed; that’s exactly what I think of these 6 month of Germany’s Presidency of the Council of the EU. There was a horrendous wide agenda and in way more fields than I expected was made some mentionable progress.

With all the hard work, it is of course a pleasure to be able to admire the extraordinary good work-life balance of our favourite Minister of State on Twitter regularly . 

Enjoy your meal, Micheal!

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Unser Senf zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020

Ein Beitrag von Johanna H. Beckmann

Ein halbes Jahr deutsche EU-Ratspräsidentschaft, ziemlich große Sache, oder? Nun, ich sollte wohl hinzufügen, dass es schon das 13. Mal für Deutschland ist. Wie auch immer, das PR-Team hat einen großartigen Job gemacht, dieses nicht so einmalige Ereignis zu promoten. Gleich zu Beginn gaben sie uns die Chance, all die tollen Projekte zu bewundern, die Deutschland für sein halbes Jahr geplant hatte. Wir bekamen sogar die Chance, mehrere verschiedene, aber nicht wirklich unterschiedliche, Themenlisten zu bekommen. So übernahm ich die gewaltige Aufgabe, aufzuarbeiten, was geplant war und noch wichtiger, was aus all diesen Plänen geworden ist. 

Aber lassen wir die PR-Arbeit mal beiseite und werfen wir einen Blick auf den eigentlichen Inhalt: Zunächst einmal – die meisten von Ihnen werden es erkannt haben – erleben wir eine globale Pandemie, also mussten all die hübschen Pläne an unsere unglücklichen Umstände angepasst werden. Aber keine Panik, es ist nur ein kleines bisschen! Als ob irgendjemand hier von dieser kleinen Virus-Sache wirklich hart getroffen worden wäre. Es war offensichtlich völlig machbar, an den ursprünglichen Plänen festzuhalten, wie z. B. „Europas Erholung“ (ich weiß auch nicht, wovon), Europa stärker, gerechter und nachhaltiger zu machen. Warum nicht gleich die Welt retten? 

Klingt ehrgeizig! Aber konnten die Deutschen ihre Versprechen einhalten? Stimmt das Ergebnis mit den geplanten Vorhaben überein? Schauen wir uns das mal genauer an:

  1. Überwindung der Corona-Pandemie und wirtschaftliche Erholung

Dieser verdammte Virus scheint sich von keiner Agenda beeindrucken zu lassen. Es ist immer noch unser größtes Problem und wird es sicher noch eine ganze Weile sein. Wir alle haben gehofft, dass es jetzt vorbei ist, aber mehr oder weniger überraschenderweise sind wir hier mit einigen Mutationen und tollen ökonomischen Anfällen/Zuständen. Das deutsche Auswärtige Amt rühmt sich, „die Europäische Union nach innen und außen gestärkt“ zu haben durch „Einigkeit nach außen und Solidarität nach innen“. Von Solidarität war da nicht viel zu sehen. 

Um die positive Seite zu sehen: Viele Menschen haben unglaublich hart gearbeitet, um in ziemlich kurzer Zeit einen Impfstoff zu erfinden. Ich denke, das zu erreichen, ist ziemlich cool. Danke da draußen!

  1. Ein stärkeres und innovativeres Europa

Zu diesem Thema habe ich nicht wirklich viel zu sagen. Das sollte immer ein wichtiges und konstantes Ziel sein, aber es in diesen Zeiten zu einer Priorität zu machen? Außerdem ist das sehr vage. Wenn Sie wissen, was im Detail gemeint ist, lassen Sie es mich bitte wissen

  1. Ein aufrechtes Europa

Das ist ein tolles Thema. Tatsächlich haben wir auf unserer Mitgliederversammlung 2020 einen ganzen Antrag dazu verabschiedet und unsere Kernforderung in den 2020er BuKo-Leitantrag der JEF Deutschland eingeschmuggelt.

  1. Ein nachhaltiges Europa

Die EU will ihre CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent reduzieren, bis 2050 wollen wir Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Mindestens 30 Prozent der EU-Ausgaben sollen in den nächsten sieben Jahren in den Klimaschutz fließen.

Nicht schlecht! Wenn es klappt. Noch besser, wenn wir diese Zahlen übertreffen, aber ich will mir nicht zu viel Hoffnung machen. Jedenfalls werden wir und unzählig viele Menschen vor allem aus der jüngeren Generation Sie auf jeden Fall an Ihre Versprechen halten. 

  1. Ein starkes Europa in der Welt

Okay Leute, ich sehe, es ist wichtig, aber wir mussten einige Probleme in unserer eigenen kleinen Union lösen. Richtig! Ich spreche vom Brexit. Sie können sich schon denken, was ich davon halte. Ich bin immer noch unglaublich traurig, dass Großbritannien beschlossen hat, uns zu verlassen, und ich hoffe einfach, dass wir uns in Zukunft wieder näher kommen können. Nichtsdestotrotz (und alle Probleme damit beiseite) ist es tatsächlich gelungen, eine Einigung zu erzielen. Wenn man bedenkt, dass wir uns bis zur letzten Minute (buchstäblich) nicht sicher sein konnten, bin ich beeindruckt. 

Apropos ich bin beeindruckt; das ist genau das, was ich von diesen 6 Monaten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft denke. Es gab eine horrend breite Agenda und in weit mehr Bereichen als ich erwartet hatte, wurden einige nennenswerte Fortschritte gemacht.

Bei all der harten Arbeit  freut es natürlich die außerordentlich gute Work-Life-Balance unseres allseits beliebten Lieblings-Staatsministers regelmäßig auf Twitter bewundern zu können. 

Guten Appetit Herr Roth!

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Ja zu Thüringen, ja zu Eurpa – die CDU Thüringen zu ihrer Europapolitik

Wir möchten euch dazu motivieren bei der Landtagswahl am 27. Oktober demokratische und pro-europäische Parteien zu wählen. Europäische Themen spielen auf Landesebene leider oft nur eine untergeordnete Rolle. Uns ist es jedoch wichtig auch dieses Thema der Landespolitik zu betrachten. Dafür haben wir den demokratischen Parteien des Thüringer Landtags, sowie der FPD, den Freien Wählern, den Piraten und Demokratie DIREKT! drei kleine Fragen zu Thüringen und Europa gestellt.

Hier findet ihr die Antworten der CDU Thüringen.

1. Worin sehen Sie die Verbindung von Europa- und Landespolitik und welche Bedeutung kommt ihrer Meinung nach der EU insbesondere für Thüringen zu?

Seit 1990 profitiert Thüringen branchenübergreifend von einer EU-Förderpolitik, mit deren Hilfe auch in unserem Land Wachstums-, Forschungs- und Entwicklungserfolge generiert werden konnten. In der gegenwärtigen Förderperiode 2014 bis 2020 liegt der Schwerpunkt der als „Kohäsionspolitik“ umschriebenen EU-Fördermaßnahmen bei gezielt eingesetzten Investitionen in Schlüsselbereiche von wirtschaftlicher Bedeutung. Unter anderem durch eine Förderung von Technologie, Innovation und Beschäftigung konnten dabei bislang auch in Thüringen die Wettbewerbsfähigkeit von für unser Land typischen kleineren und mittleren Unternehmen sowie die CO²-arme Wirtschaft unterstützt werden. Vor allem aber ist es ein Anliegen der EU-Kohäsionspolitik, den Wandel der verschiedenen Regionen unabhängig von ihrem Entwicklungsstand in geeigneter Weise positiv zu beeinflussen. Und in diesem Sinne sind auch für Thüringen die europäischen Mittel von EU-Struktur- und Investitionsfonds (ESIF), EU-Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) oder aus den beiden EU-Agrarfonds „Europäischer Garantiefonds für Landwirtschaft“ (EGFL) und „Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) effizient und effektiv zu nutzen, um den Freistaat Thüringen als innovativen Wirtschafts- und Forschungsstandort zu einer in Wissenschaft und Wirtschaft führenden Region in Europa weiterzuentwickeln. Allein im Bereich der EFRE-Mittel stehen Thüringen für die Förderperiode 2014 – 2020 rund 1,17 Mrd. Euro zur Verfügung. Aus dem Europäischen Sozialfonds fließen im gleichen Zeitraum etwa 499 Mio. Euro aus ELER 680 Mio. Euro nach Thüringen. Somit ist die Frage nach möglichen Potentialen zur Verbesserung des Einsatzes und Abrufs dieser Fördermöglichkeiten stets präsent, die selbstverständlich auch die Forderung nach einem Abbau unnötiger Bürokratie und Regulierung einschließt. Insbesondere im Kontext der derzeit aktuellen Diskussion über die Zukunft der EU-Kohäsionspolitik nach 2020 wird deutlich, dass der Freistaat Thüringen zur Sicherung eines langfristigen effektiven und effizienten Mitteleinsatzes auf für unser Land maßgeschneiderte Maßnahmen setzen muss, um den spezifischen regionalen Herausforderungen des Innovationsstandortes Thüringen gerecht zu werden. Dabei ist der Europäische Ausschuss der Regionen als Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU das geeignete Gremium, um den Thüringer Forderungen unmittelbar Gehör zu verschaffen, wie zum Beispiel der Forderung nach einer stärkeren Unterstützung von Initiativen zur Einwerbung von ESIF-Mitteln, nach mehr interregionaler Zusammenarbeit, besseren Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen EU-Finanzierungsquellen, einer besseren Zielorientierung von EU-Förderprogrammen durch maßgeschneiderte infrastrukturelle Maßnahmen in den Regionen, nach europäischen Förderformaten zur Umsetzung von Internationalisierungsstrategien der Thüringer Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Rahmen der „Europa 2020“-Strategie oder nach einem stabilen Agrarbudget, das Direktzahlungen an landwirtschaftliche Unternehmen in Form von Ausgleichszulagen und Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen auch weiterhin bereitstellt. Letztendlich wird das gemeinsame Projekt „Europa“ nur dann erfolgreich sein und „Europa als Wertegemeinschaft“ in den Köpfen wahrgenommen werden, wenn jede Region wirtschaftlich und sozial einen Mehrwert aus dieser Idee ziehen kann.

Die Einheit Europas ist eine Erfolgsgeschichte. Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist die Europäische Union eine gewachsene Wirtschafts- und Wertegemeinschaft. Nie zuvor in der Geschichte erlebten derart weite Teile des Kontinents über sieben Jahrzehnte Frieden und über ein viertel Jahrhundert die praktische Unmöglichkeit einer militärischen Auseinandersetzung. Wir können stolz sein, welche Werte und Errungenschaften wir gemeinsam in Europa erreicht haben. Das gegenwärtige Europa stellt eine Rechts- und Wertegemeinschaft dar, die in überragendem Maße die Macht des Stärkeren abschaffte und partnerschaftliche Politik auf Augenhöhe konstituierte. Darin kommt der Ordnung Europas ein globaler Vorbildcharakter zu.

Von herausragendem Charakter, dass sich die Einigung nie zuvorderst als Bündnis nach außen – trotz Phase des Kalten Krieges – sondern als Stabilitätsanker nach innen, in die Länder, ausrichtete. Nur mit einem geeinten Europa werden wir langfristig Frieden, Freiheit und Wohlstand auch bei uns garantieren können.

Doch so einzigartig die Erfolgsgeschichte der europäischen Integration ist – selbstverständlich ist ihr Fortgang keineswegs. Gerade heute müssen wir uns auf die Errungenschaften der europäischen Integration besinnen und diese einer aufkommenden Europamüdigkeit entgegensetzen. Die Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, sind enorm. Ihre Bewältigung verlangt ein Mehr an Europa.

2. Für welche Programme und Schwerpunkte würden Sie gerne in der nächsten Förderperiode des Europäischen Sozialfonds von 2012 – 2027 mögliche EU Investitionen nutzen?

Die derzeit im Rahmen des Europäischen Sozialfonds festgelegten Prioritätsachsen (1. Förderung nachhaltiger und hochwertiger Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität der Arbeitskräfte; 2. Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung; 3. Investition in Bildung, Ausbildung und Berufsbildung für Kompetenzen und lebenslanges Lernen) und damit auch die dort definierten Förderschwerpunkte halten wir für sinnvoll und sollten daher fortgesetzt werden. Wir werden uns für die Sicherung eines langfristigen effektiven und effizienten Mitteleinsatzes einsetzen und dabei auf für unser Land maßgeschneiderte Maßnahmen setzen, um den spezifischen regionalen Herausforderungen des Innovations- und Lebensstandortes Thüringen gerecht zu werden. Eventuelle Vorschläge Ihrerseits zur Verbesserung und effizienteren, sprich zielgenaueren Verwendung der EU-Fördermittel, oder Ideen zur Neuauflage bzw. Verbesserung von Programmen nehmen wir gern entgegen, um diese in unsere Europapolitische Strategie einfließen zu lassen.

Alle Vorschläge der Kommission zur Vereinfachung im Rahmen der Förderung aus EFRE und ESF+ sind zu unterstützen.

3. Wie möchten Sie die Europapolitik in Thüringen in den kommenden Legislaturperioden fördern und welche Ideen haben Sie für ein starkes Europa?

Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger besser und rechtzeitig in den europäischen Entscheidungsbildungsprozess einbinden und treten dafür ein, dass Städte und Ballungsräume/Metropolregionen eine größere Rolle in der Schwerpunktsetzung der EU-Politik spielen.

Um die regionalen Innovations-, Wirtschafts- und Agrarstandorte sowie auch den ländlichen Raum in Thüringen weiter voranzubringen, wollen wir mögliche Potentiale zur Verbesserung der EU-Kohäsionspolitik, insbesondere den Einsatz und den Abruf von Fördermöglichkeiten, heben. Im Rahmen der Ausgestaltung der EU-Förderperiode ab 2021 fordern wir Sicherheit und Verlässlichkeit der künftigen europäischen Kohäsionspolitik, die durch maßgeschneiderte Maßnahmen und einen langfristigen effektiven und effizienten Mitteleinsatz den spezifischen regionalen Herausforderungen in den Ländern gerecht wird. Für alle Regionen in Europa soll es eine langfristige Investitionspolitik geben, wobei den unterschiedlichen demographischen Entwicklungen besonders Rechnung zu tragen ist.

Auch eine EU-Kohäsionspolitik nach 2021 muss weiterhin eine wirksame Politik mit ausreichenden Ressourcen bleiben, für die mindestens ein Drittel des künftigen EU-Haushalts über Finanzhilfen und -instrumente bereitzustellen ist. Sie soll auf den bestehenden europäischen Struktur- und Investitionsfonds mit gemeinsamen Vorgaben beruhen. Schließlich verlangt die Fortsetzung einer erfolgreichen Kohäsionspolitik auch die Stärkung des Partnerschaftsprinzips und des ortsbezogenen Ansatzes, wofür die zentrale Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften weiter zu stärken ist, weil diese städtische und ländliche Gemeinschaften aktiv einbinden und Instrumente zur Initiierung und Unterstützung der lokalen Entwicklungen durch integrierte Strategien befördern.

Europa braucht starke Kommunen

Die Kommunen in den deutschen Ländern leisten auf hohem Niveau einen enormen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Eine zuverlässige Ver- und Entsorgung in diesem Bereich, wie die Kreislaufwirtschaft, die Trinkwasserversorgung und die Abwasseraufbereitung, der öffentliche Nahverkehr oder die Versorgung mit Finanzdienstleistungen durch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken funktionieren nur mit einer starken Kommunalwirtschaft: Deshalb verlangen wir von allen in den europäischen Institutionen Handelnden, dass sie das Subsidiaritätsprinzip strikt einhalten und das Recht auf kommunale Selbstverwaltung beachten. Sowohl auf Bundesebene als auch auf Länderebene müssen sich die Regierungen verpflichten, in den Prozess der EU-Rechtsetzung auch die kommunalen Spitzenverbände von Anfang an einzubinden.

Zunehmend werden die Handlungsspielräume der Kommunen bei der Organisation der Daseinsvorsorge durch EU-Recht bestimmt. Kommunalfreundliche Regelungen zur Inhouse-Vergabe, der Interkommunalen Zusammenarbeit sowie Ausnahmeregelungen für die Bereiche Wasserversorgung und Rettungswesen sind fortzusetzen und auszubauen. Um die bestehenden Handlungsspielräume zu erhalten, soll der Bund aktiv solche Regelungen der EU überprüfen, die den kommunalen Handlungsspielraum einschränken. In diesem Zusammenhang verlangen wir vor allem eine praxisgerechte Anhebung der Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen. Zur Aufrechterhaltung unseres effizienten, erfolgreichen Sparkassen- und Genossenschaftsbankenmodells fordern wir, dass die Anforderungen zur Verschärfung der europäischen Regeln im Bankensektor nach der Finanzmarktkrise an die kleineren, überwiegend örtlich tätigen Institute mit vorwiegend einfachem, klassischem Einlagen- und Kreditgeschäft unter anderem bei der Kreditvergabe, dem Risikomanagement und der Eigenkapitalunterlegung angepasst und künftig nach Institutsgröße und Risiko differenziert werden.

Eine stärkere Einbindung der Länder in die Arbeit der EU setzt aber auch eine Fortentwicklung der Europakompetenz der Landes- und Kommunalverwaltungen voraus: Wir fordern eine Vernetzung zwischen den Behörden der Länder und denen der Europäischen Union, um eine enge und verständnisvolle Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen. Um dieses Verständnis bei den Bediensteten der Länderverwaltungen für die gemeinsame Union zu schärfen, wollen wir den Austausch zwischen den Behörden für einen begrenzten Zeitraum intensivieren. Im Interesse an der Idee Europa sollen dabei Grenzen abgebaut und das Bewusstsein dafür geschärft werden. Diejenigen Bediensteten der Länderverwaltungen, die an einem entsprechenden Austauschprogramm teilnehmen, dürfen dadurch in ihrer Dienststelle keinen Nachteil in ihrer Beschäftigungssituation erfahren.

Bei der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Rahmen der neuen EU-Kohäsionspolitik ab 2021 fordern wir die Umsetzung folgender Maßnahmen:

  • keine Umverteilung der GAP-Mittel zu kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben auf Kosten der größeren Agrarbetriebe, wie sie vor allem im Osten Deutschlands aufgrund der historischen Entwicklungen überwiegend vorhanden sind;
  • im Zuge der Gestaltung der neuen ESIF sowie der GAP ab 2020 darauf zu drängen, das Hemmnisse, wie zum Beispiel insbesondere der zunehmende Verwaltungsaufwand bei der Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln oder die Regulierungsdichte, abgebaut und bestehende Regelungen vereinfacht, harmonisiert und differenziert angewandt werden;
  • sich für bessere Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen EU-Finanzierungsquellen einzusetzen;
  • stärker maßgeschneiderte infrastrukturelle Maßnahmen für spezifische regionale Herausforderungen zu entwickeln, auf deren Grundlage sich einzelne europäische Regionen, wie Thüringen, auf die Bereiche spezialisieren können, in denen sie am besten aufgestellt sind (Zielorientierung);
  • europäische Förderformate noch wirksamer zur Umsetzung von Internationalisierungsstrategien der Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie Unternehmen in den Ländern einzusetzen;
  • auf der Grundlage einer praktikablen und einfach umsetzbaren Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) die Leistungsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft in den Ländern nachhaltig zu sichern und weiterzuentwickeln sowie lebendige ländliche Räume zu fördern, wofür insbesondere ein stabiles Agrarbudget zur Finanzierung einer starken ersten (Europäischer Garantiefonds für Landwirtschaft [EGFL]) und zweiten (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums [ELER]) Säule der GAP erforderlich ist, das folgende Forderungen erfüllt: a) Direktzahlungen der ersten Säule der GAP als wichtige Grundlage der Landwirtschaft Priorität eingeräumt werden, b) für die Agrarbetriebe die bisher bewährten Fördermaßnahmen, wie die Ausgleichszulage (AGZ) und die Agrarumweltmaßnahmen (KULAP) in der zweiten Säule weiterhin zusätzlich bereitgestellt werden, c) eine Umverteilung von Mitteln aus der ersten in die zweite Säule der GAP kategorisch abgelehnt wird, d) weitergehenden Festlegungen zur Ausweitung der verpflichtenden ökologischen Vorrangflächen entgegengetreten wird, und e) Umweltziele, die durch Landwirte realisierbar sind, vorrangig in der zweiten Säule über KULAP und vertragliche Regelungen statt über gesetzliche Auflagen und zusätzliche Cross-Compliance (CC)-Anforderungen umgesetzt werden.

Unsere Ideen für ein starkes Europa verbinden wir mit folgenden Forderungen:

  • Wir wollen die zivilgesellschaftliche Komponente und die Kooperation mit den verschiedenen nationalen Ebenen, den Regionen und Kommunen stärken und unterstützen den Weg des neuen Governance-Modells der EU-Städteagenda. Dieser muss ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger gestellt werden, er muss konsequent weitergegangen und ausgebaut werden.Lokale Herausforderungen können nur lokal gelöst werden. Die EU-Städteagenda dient nicht als Hebel für neue Zuständigkeiten der EU. Ganz im Gegenteil ist es wichtig, dass wir das Prinzip der Subsidiarität weiter hochhalten. Sie soll vielmehr zu einem Instrument der gelebten Subsidiarität werden. Die Entwicklung der europäischen Städte liegt in den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, ihrer Regionen und Kommunen. Die EU hat hier keine eigene Rechtsetzungskompetenz.
  • Voraussetzung für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der EU ist eine verantwortungsvolle europäische Finanzpolitik: Sowohl einer Transferunion als auch einer Schuldenvergemeinschaftung erteilen wir eine Absage. Wir sind gegen die institutionelle Verselbständigung einer EU-Finanzpolitik ohne parlamentarische Verantwortlichkeit und fordern daher die Wahrung der Fiskalhoheit der nationalen Parlamente. Allerdings können wir uns eine schrittweise Weiterentwicklung der Euro-Zone zum Beispiel durch die Schaffung eines Währungsfonds vorstellen. Im Rahmen der Ausgestaltung der EU-Förderperiode ab 2020 fordern wir Sicherheit und Verlässlichkeit der künftigen europäischen Kohäsionspolitik, die durch maßgeschneiderte Maßnahmen und einen langfristigen effektiven und effizienten Mitteleinsatz den spezifischen regionalen Herausforderungen in den Ländern gerecht wird. Für alle Regionen in Europa soll es eine langfristige Investitionspolitik geben, wobei den unterschiedlichen demographischen Entwicklungen besonders Rechnung zu tragen ist.Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, dass von einer Zentrale in Brüssel oder Berlin aus das Leben in Europa immer gleicher wird; denn die Hoffnungen, die Chancen, die Möglichkeiten und die Vielfalt Europas können sich nur entwickeln, wenn die Vielfalt der Regionen auch weiterhin garantiert ist. Diese Vielfalt der Regionen ist die direkte Entsprechung zur Vielfalt der europäischen Länder und Säule der europäischen Kulturgemeinschaft. Deren entscheidende Besonderheit in der jahrhundertewährenden kulturellen Vielfalt auf gleicher Basis und der politischen Vielfalt in einer Vielzahl von differenten, heterogenen Staaten und Herrschaftsbereichen besteht. Dies waren stets Quellen des kulturellen, wirtschaftlichen und technischen Reichtums Europas. Während der geistige Reichtum durch offene Grenzen und kulturellen Austausch gefördert wurde, wirkten Isolationstendenzen stets lähmend (Spanien und Portugal unter den Regimen Francos und Salazars lassen sich als klare Beispiele aufführen).
  • Wir wollen die EU-Städteagende in ihren Kompetenzen stärken und ihre Arbeit verbindlicher gestalten: Wir fordern, dass die Mitgliedstaaten die EU-Städteagenda in die Arbeitsprogramme der Ratsvorsitze aufnehmen, um die Verbindlichkeit der EU-Städteagenda voranzutreiben und zu stärken. Die von den Städten in den Partnerschaften erarbeiteten Aktionspläne sollen langfristig als Grundlage für neue Rechtsetzungsinitiativen und zur Konzeption von Förderprogrammen der EU dienen. Städte sollen ihre Erfahrungen und Erwartungen in die Arbeit der Städteagenda für die EU einbringen und tatsächlich etwas bewirken können.
  • Wir wollen die Kompetenzen und Stärken der Regionen, Kommunen und Städte fördern. Potenzial nutzen und Glaubwürdigkeit für die Bürgerinnen und Bürger aufbauen und erhöhen.
  • Arbeitsgruppen müssen wir effizienter gestalten.
  • Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass alle politischen Ebenen in unserem Land eng miteinander kooperieren, um das Gewicht der Bundesländer in den Verhandlungen mit Brüssel und Straßburg zu erhöhen und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger bei der Europäischen Union selbstbewusst zu vertreten werden.
  • Die Regionen und Städte sollten sich auch in solchen Arbeitsgruppen, in denen sie nicht direkt Mitglied sind, über ihre Landesvertretungen/Büros in Brüssel mit ihren Anregungen und Interessen einbringen können.
  • Gleichermaßen wollen wir den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Städten verstärken, damit die Städte auch vom Austausch mit den unterschiedlichen in den Partnerschaften involvierten Akteuren profitieren.
  • Wir wollen die bestehenden zwölf Partnerschaften ausbauen und um weitere Themenbereiche wie z.B. Kultur, Bildung und Sicherheit in Städten zu ergänzen.
  • Wir sehen uns in der Pflicht, das Feld einer Europakritik nicht den europafeindlichen Populisten zu überlassen, sondern einen konstruktiven Dialog mit den Bürgern zu fördern und die Errungenschaften Europas und der EU zu würdigen. Die überparteiliche Bürgerinitiative „Pulse of Europa“ verbucht hier, nach eigenen Angaben, für sich vorbildhafte Erfolge, dass rechtspopulistischer Propaganda  weniger öffentliche Aufmerksamkeit zukommt, insbesondere darin eine Zuversicht gegen die Angst zu stellen und die öffentliche Wahrnehmung auf die positiven Seiten Europas zu wenden, zugleich aber Ängste ernst zu nehmen.
  • Im multilateralen Europa sind auch spezifische Länderkompetenzen gefordert. Sprachkenntnisse wie auch vertiefte Landeskenntnisse lassen sich am ehesten durch Studien und Arbeit im jeweiligen Land erwerben. (Akademischer und kultureller Austausch, Hochschulkooperationen und Sprachförderung)

Für die Europapolitische Strategie des Freistaates Thüringen ergeben sich daher aus Sicht der CDU insbesondere folgende Handlungsempfehlungen:

  1. Für den Bereich der Umsetzung der Sozialunion:

Das Recht eines jeden EU-Bürgers, den  Wohn- und Arbeitsort frei zu wählen, gehört zu den großen Errungenschaften eines vereinten Europas. Jeder Missbrauch durch Einwanderung in unsere Sozialsysteme gefährdet die Akzeptanz dieser Freizügigkeit. Es muss auch weiterhin der Grundsatz gelten, dass nur diejenigen in den Genuss von Sozialleistungen kommen, die bei uns längere Zeit gelebt und entsprechende Beiträge entrichtet haben. Es ist deshalb richtig, dass EU-Bürger weder Hartz IV noch Sozialleistungen erhalten, wenn sie sich zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, ohne vorher hier erwerbstätig gewesen zu sein. Der Europäische Gerichtshof hat diese Gesetzeslage in Deutschland bestätigt. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts im Dezember 2015 spricht jedoch arbeitslosen und arbeitssuchenden EU-Bürgern spätestens nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland ein Anspruch auf Sozialhilfe zu, obwohl diese von Hartz IV ausgeschlossen sind. Der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers wird durch diese Urteile missachtet, die Entscheidungen des EuGH auf den Kopf gestellt.

Der Missbrauch der Sozialgesetze bei fehlendem Willen zur Erwerbstätigkeit muss verhindert werden. Eine schnellstmöglich entsprechende gesetzliche Klarstellung ist erforderlich. Das SGB XII muss angepasst werden, die Kommunen dürfen nicht zusätzlich belastet werden.

2. Für die Stärkung von Regionalpartnerschaften:

Die Regionalpartnerschaften zwischen Thüringen und seinen europäischen aber auch weltweiten Partnern müssen erhalten und ausgebaut werden. Angesichts vieler Probleme wie beispielsweise in der Ukraine muss die Entwicklungspolitik auch auf der kommunalen Ebene verstärkt greifen. Partnerschaften zwischen einzelnen Kommunen sind daher zu verstetigen. Durch die Zusammenarbeit mit den Partnerregionen Nord-Pas-de-Calais-Picardie und Malopolska gelingt es allen Beteiligten ihre Stellung in Europa gewinnbringend zu verbessern und die Zukunftsaufgaben zu meistern. In den Jahren der Zusammenarbeit entwickelte sich ein lebendiger Austausch zwischen Schulen, Universitäten, Praktikanten in der Berufsausbildung, Forschern und Wissenschaftlern, Akteuren aus Kultur sowie in Städte- und Gemeindepartnerschaften. 

3. Für die Stärkung der Europakompetenz der Verwaltung:

Die Vernetzung zwischen den Behörden des Landes und denen der Europäischen Union ermöglicht eine enge und verständnisvolle Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Um eben dieses Verständnis der Thüringer Beamtinnen und Beamten für die gemeinsame Union zu schärfen, ermöglicht die Landesregierung einen Austausch zwischen den Behörden für einen begrenzten Zeitraum. Im Interesse an der Idee Europa sollen hier Grenzen abgebaut und das Bewusstsein geschärft werden, denn Europa lebt von seinen Bürgerinnen und Bürgern.

Bedienstete des Freistaates, die an einem entsprechenden Austauschprogramm teilnehmen, dürfen dadurch an ihrer Dienststelle in Thüringen keinen Nachteil in ihrer Beschäftigungssituation erlangen.

4. Für den Bereich der Kulturpolitik:

Der Freistaat Thüringen hat ein enormes kulturelles Potential, das es stets zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln gilt. Neben den vier UNSECO-Welterbestätten der Wartburg in Eisenach, dem Ensemble „Klassisches Weimar“, dem Bauhaus Weimar und den Alten Buchenwäldern Deutschlands, dem Hainich, gibt es unzählige Burgen und Schlösser, Orchester und Theater sowie Kirchen, kostbare museale und Archivbestände, die es für die Nachwelt zu erhalten gilt, aber auch einem ständigen Publikum zu präsentieren. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, Thüringen auch weiterhin als ein Kulturleuchtturm der Bundesrepublik zu vermarkten, aber auch den Bestand zu schützen und weiterzuentwickeln. Das Land setzt sich dafür ein, dass die Kulturgüter des Freistaats für jeden im Rahmen der Möglichkeiten zugänglich sind und so explizit ein Nutzen für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Tourismus ermöglicht wird.

Dabei ist die Landesregierung bedacht, sich an Programmen der Europäischen Union zum Erhalt und zur Vermarktung der kulturellen Schätze des Freistaates einzusetzen.

Ziel der Landesregierung ist es, das gewachsene kulturelle Erbe sowie die aus den Auseinandersetzungen der Gegenwart geborenen Kunst- und Kulturbestrebungen in all ihren Aspekten für die europäische Integration einzusetzen.

Aufgrund seiner wertvollen und außergewöhnlichen Bestände und Kulturgüter liefert Thüringen wesentliche inhaltliche Komponenten zur deutschen und europäischen Kultur- und Geistesgeschichte. Diese zu bewahren und zu entwickeln muss erklärtes Ziel der Landesregierung sein.

Dazu gehört auch eine strikte Vernetzung mit anderen europäischen Kulturpartnern, um Austauschprogramme für Kunst und Kultur voranzutreiben und somit beispielsweise die Bande zwischen Thüringens Partnerregionen für Kulturschaffende und Stipendiaten enger zu knüpfen.

Angesichts der Komplexität der europäischen Förderprogramme (bürokratischer Aufwand und besondere Fördermechanismen) baut die Landesregierung das EIZ auch zu einem Anlaufzentrum für Kulturschaffende weiter aus, damit Förderprogramme bei den freien Trägern in der Kultur eine größere Bedeutung erlangen.

Die Landesregierung setzte sich dafür ein, ein regelmäßiges Kulturschaufenster Thüringens in Brüssel zu etablieren. Regelmäßige Veranstaltungen und Präsentationen aller Kultursparten eröffnen Chancen, ein nachhaltiges und repräsentatives kulturelles Schaufenster Thüringen zu eröffnen.

5. Für den Bereich der Wirtschaft.

Thüringen muss stark für Europa gemacht werden. Daher sieht es die Landesregierung als ihre Aufgabe ein wirtschafts- und investitionsfreundliches Klima zu schaffen. Die aktuelle positive Lage im Bereich der Steuereinnahmen wird dazu genutzt, um den Haushalt weiter zu konsolidieren und bestehende Schulden abzubauen, damit zukunftsfähige Strukturen in den Bereichen Bildung und Infrastruktur geschaffen werden können. Der Ausbau der Energieinfrastruktur muss zügig aber auch nachhaltig vorangehen. Der Breitbandausbau darf dabei nicht vernachlässigt werden, um Thüringen fit für die Industrie und Gesellschaft 4.0 zu machen.

Die Einführung des Grundprinzips „Für gleiche Arbeit am gleichen Ort den gleichen Lohn“ zu zahlen, widerspricht der Freiheit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, im gesetzlichen Rahmen die Arbeitsbedingungen autonom zu vereinbaren. Ein solches Grundprinzip würde auch unverhältnismäßig in das deutsche, bewährte Tarifsystem eingreifen. Daher setzt sich die Landesregierung dafür ein, auf europäischer Ebene durch Überarbeitung der Entsenderichtlinie nicht neue bürokratische Hürden aufzubauen und nicht neue Rechtsunsicherheiten zu schaffen.

Die Landesregierung ist gefordert, eine Energiepolitik in Thüringen zu betreiben und im Bund zu stützen, die vor allem die Wiederherstellung eines echten Energiemarktes und den zügigen, zukunftsfähigen Ausbau einer Energieinfrastruktur sowohl bei der Produktion als auch der Verteilung fördert.

Eine der wichtigsten Grundlagen für eine Partnerschaft ist und bleibt ein gemeinsamer Raum, der den Austausch von Waren, Ideen und vor allem freie Bewegung der Menschen ermöglicht. Datenaustausch ist zu fördern und Datenschutz in Einklang mit einer modernen, digitalen Gesellschaft zu bringen. Hierzu bieten sich mit dem Breitbandausbau und der Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung Chancen, Thüringen zeitnah für die Belange der Industrie und Gesellschaft 4.0 fit zu machen. Dies kann sowohl bei der Anpassung des Bundesdatenschutzgesetzes als auch der korrelierenden Regelungen in Thüringen geschehen.

Abschließend bleibt festzuhalten: Wir sind davon überzeugt, dass es Deutschland und damit auch Thüringen auf Dauer nur gut geht, wenn es Europa gut geht. Auch deshalb sind wir seinem Erfolg verpflichtet. Starke Städte stellen einen Motor für Wachstum, Innovation und Integration dar und sind entscheidend für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in Deutschland und in der EU. Zum einen werden wir die Herausforderungen, vor denen wir in den Bereichen Wirtschaft, Klima, Umwelt und Gesellschaft stehen, nur erfolgreich bewältigen können, wenn unsere Städte und Metropolregionen stark bleiben. Zum anderen müssen wir das Potenzial der besseren Einbindung von Städten und Menschen nutzen und eine verbesserte Legitimation und damit höhere Akzeptanz der EU bei den Menschen schaffen.

Wir sprechen uns deutlich für ein Europa der Menschen aus. Unser Ziel muss sein, den europäischen Gedanken zu transportieren und Europa für die Menschen konkret erfahrbar zu machen. Wir wollen ein Europa der Demokratie mit lebendigen europäischen Diskussionen auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene. Für diese Demokratie, auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene, ist nicht allein entscheidend, dass am Ende Mehrheiten entscheiden, sondern, dass der Weg zur Entscheidungsfindung die Minderheiten und ihre Interessen berücksichtigt und auch ihren Schutz gewährleistet. Das Volksbild, von dem Rechtspopulisten Gebrauch zu machen pflegen, widerspricht diesem Prinzip und nimmt nicht das Volk als inkludierendes Ganzes, sondern einen (vermeintlich) homogenen, erstarrten Block. 

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Ja zu Thüringen, ja zu Europa – Bündnis 90/DIE GRÜNEN Thüringen zu ihrer Europapolitik

Wir möchten euch dazu motivieren bei der Landtagswahl am 27. Oktober demokratische und pro-europäische Parteien zu wählen. Europäische Themen spielen auf Landesebene leider oft nur eine untergeordnete Rolle. Uns ist es jedoch wichtig auch dieses Thema der Landespolitik zu betrachten. Dafür haben wir den demokratischen Parteien des Thüringer Landtags, sowie der FPD, den Freien Wählern, den Piraten und Demokratie DIREKT! drei kleine Fragen zu Thüringen und Europa gestellt.

Hier findet ihr die Antworten der dritten Regierungspartei Bündnis 90/DIE GRÜNEN.

1. Worin sehen Sie die Verbindung von Europa- und Landespolitik und welche Bedeutung kommt ihrer Meinung nach der EU insbesondere für Thüringen zu?

In der Europäischen Union leben 508 Millionen Bürger*innen in 27 Mitgliedsstaaten. Seit nunmehr 70 Jahren ist Europa ein Garant für Frieden mit gemeinsamen Grund­rechten, die die persönlichen Freiheiten wie die Achtung des Privatlebens, Gedanken-, Religions- und Versammlungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit durch die EU-Charta der Grundrechte schützt.

Europa bedeutet Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit, eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion ohne Binnengrenzen sowie Freizügigkeit, die uns Thüringer*innen ermöglicht, innerhalb der EU zu reisen und den Wohnsitz zu wählen. So studieren beispielsweise viele junge Thüringer*innen über das Erasmus-Programm im Ausland und viele Studierende aus anderen europäischen Ländern studieren an Thüringer Hochschulen.

Europa sind auch die vielen unterschiedlichen Regionen, Städte und Kommunen in der Europäischen Union. Dass auch Thüringen direkt von europäischer Politik profitiert, zeigt sich u.a. an den vergangenen Förderperioden. So stehen dem Freistaat als „Übergangs­region“ in der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 beispielsweise 1,17 Mrd. € aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), 499 Mio. € aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und 680 Mio. € aus der EU-Förderung für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum (ELER, LEADER) zur Verfügung.

Viele Projekte und Vorhaben bei uns in Thüringen konnten nur durch diese Struktur­mittel verwirklicht werden wie zum Beispiel die Grundsanierung des Goethe-Schiller-Archivs in Weimar, mit 2,3 Mio. € EFRE-Mittel gefördert, oder der Bau eines Gewerbe­gebietes in Zella-Mehlis, mit 0,9 Mio. € EFRE-Mitteln gefördert. Hier sind inzwischen fast 280 Unternehmen ansässig. Auch Umwelt-, Naturschutz und soziale Projekte werden gefördert.

Auch die Rolle der Regionen innerhalb der Europäischen Union ist in letzten Jahren immer wichtiger geworden. Im Ausschuss der Regionen (AdR), in dem Thüringen ebenso mit Mitgliedern vertreten ist, werden die Anliegen der kommunalen und regionalen Ebene, die oft für die Umsetzung von EU-Recht vor Ort zuständig ist, in den europä­ischen Entscheidungsprozess eingebracht. In bestimmten Bereichen (Struktur- und Regionalpolitik, Transeuropäische Netze, Bildung, Kultur, Jugendpolitik, Gesundheit, Kohäsion, Beschäftigung, Soziales und Umwelt) muss der AdR von der Europäischen Kommission zwingend gehört werden, bevor Rechtsakte erlassen werden.

Insgesamt stehen Thüringen durch die Vertretung des Freistaats in Brüssel, eine proaktive, europäisch ausgerichtete Mitwirkung im Bundesrat, im Ausschuss der Regionen sowie in weiteren Gremien eine Vielzahl von Mitwirkungsinstrumenten in Europaangelegenheiten zur Verfügung. Auch der parlamentarische Ausschuss für Europa, Kultur und Medien behandelt in öffentlichen Sitzungen u.a. Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission und bewertet diese auf Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. So kann sichergestellt werden, dass öffentliche Aufgaben möglichst bürgernah – zum Beispiel auf der Ebene der Kommunen oder der Bundesländer – geregelt werden. Erst wenn ein bestimmtes Problem dort nicht gelöst werden kann, wird die Regelungs­kompetenz auf Bundes- oder EU-Ebene weitergegeben.

2. Für welche Programme und Schwerpunkte würden Sie gerne in der nächsten Förderperiode des Europäischen Sozialfonds von 2012 – 2027 mögliche EU Investitionen nutzen?

Die Bedeutung des ESF sowie die Forderungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den ESF hat Terry Reinke, Mitglied des Europäischen Parlaments, sehr treffend in einer Broschüre zusammengefasst, die hier heruntergeladen werden kann:

https://terryreintke.eu/wp-content/uploads/2019_ESFPlus_A6_WEB.pdf

3. Wie möchten Sie die Europapolitik in Thüringen in den kommenden Legislaturperioden fördern und welche Ideen haben Sie für ein starkes Europa?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen es als Aufgabe unseres Landes an, auch in den kommenden Jahren für ein stärkeres, demokratischeres und sozialeres Europa zu streiten. Für uns ist klar, dass wir die Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam lösen können. Für grenzüberschreitende Probleme kann es keine nationalen Lösungen geben. Uns besorgt, dass dieses einzigartige Projekt bedroht wird – durch Populismus, Nationalismus, Egoismus. Die Entscheidung der Brit*innen für den Brexit ist dafür genauso Ausdruck wie die Zunahme populistischer, europafeindlicher Strömungen in vielen Mitgliedsstaaten. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind und bleiben überzeugte Europäer*innen. Wir setzen auf eine Politik, die europäische Solidarität zum Kompass hat – denn die nutzt den Menschen in allen Mitgliedstaaten und uns hier in Thüringen am meisten.

Wir wollen Thüringens Stimme und Einfluss nutzen, um die Europäische Union transparenter, demokratischer und bürger*innennäher zu machen. So soll das Europä­ische Parlament in allen Bereichen gleichberechtigt mit dem Rat entscheiden können und ein eigenes vollwertiges Initiativrecht für europäische Gesetzgebungen erhalten. Wir wollen uns auf Bundesebene dafür einsetzen, das die Europäische Bürgerinitiative (EBI) als Instrument der direkten Bürger*innenbeteiligung und Teilhabe gestärkt, ausgebaut und entbürokratisiert wird. Unionsbürger*innen an ihrem ständigen Wohnsitz sollen überall in der EU wählen dürfen, wenn sie seit fünf Jahren dort leben – nicht nur bei Kommunal- und Europawahlen, sondern auch bei regionalen und nationalen Wahlen. Die Beratung von Arbeitnehmer*innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten wollen wir in Thüringen verbessern und die EU-Beratungsstellen ausbauen.

Wir setzen uns dafür ein, dass Kommunen und Regionen ein gesichertes Mitspracherecht erhalten und regelmäßig in Konsultationen, Anhörungen und Feedbacks in Gesetz­gebungsverfahren sowie bei der Gestaltung von Förderprogrammen, die sie betreffen, einbezogen werden. Die Rechte des Europäischen Ausschusses der Regionen, der Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter*innen der Europäischen Union, müssen daher gestärkt werden. Im Zuge der Mitwirkungsrechte im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag wollen wir die Europa-Kompetenz des Thüringer Landtages und der Thüringer Landesregierung weiterhin stärken und die europapolitische Koordination der Bundesländer, insbesondere im Rahmen des Subsidiaritäts-Frühwarnsystems, verbessern.

Förderung durch die Europäischen Strukturfonds dient der Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa und sichert mittelbar auch das friedliche Zusammenleben. Thüringen hat in den vergangenen Dekaden von Mitteln aus diesen Fonds erheblich profitiert. Bei der Neuausrichtung der EU-Förderpolitik in der Förderperiode ab 2020 muss sich der Mitteleinsatz am Leitbild nachhaltiger Entwicklung und an den Klima­schutzzielen der Europäischen Union orientieren. In einer Landesregierung werden wir uns dafür einsetzen, dass Thüringen die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, den Schutz der Umwelt und die Förderung des sozialen Zusammenhalts bei der regionalen Ausgestaltung der Förderkriterien in das Zentrum der Förderpolitik stellt. Insgesamt muss der Verwaltungsaufwand der EU-Förderprogramme, besonders für Kleinprojekte, erheblich reduziert werden.

Das Herz der Europäischen Union ist das Miteinander der Bürger*innen. Wir wollen europäische Städte- und Regionalpartnerschaft stärken, intensiv fördern und ausbauen. Unsere Unterstützung gilt dabei insbesondere den kleineren Kommunen. Wir setzen uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass das EU-Programm „Erasmus+“ für den Austausch von Studierenden einfacher gestaltet wird und Zugangshürden gesenkt werden. Auf Landesebene wollen wir Informationsangebote verbessern und Antrags- und Anerken­nungsverfahren vereinfachen. Zudem unterstützen wir Schulen darin, „Europaschule“ zu werden. Möglichst viele Schüler*innen sollen durch Angebote der Europaschulen die europäische Dimension wahrnehmen und beispielsweise vom gegenseitigen Austausch profitieren.

Wir setzen uns ein für eine Europäische Union, die zusammensteht und sozial gerecht ist. Nur so können wir Frieden und Wohlstand auf Dauer und für alle sichern. Und wir brauchen eine Europäische Union, die die Klimafrage ernsthaft angeht, die sich tatsächlich zu den Pariser Klimazielen bekennt und endlich danach handelt. Nur so können wir die verheerenden globalen Folgen eindämmen und auch unseren Kindern eine bestmögliche Zukunft ermöglichen. Klimaschutz muss europäisch und global gedacht werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen mehr Europa. Wir wollen ein Europa, das gerechter, sozialer, ökologischer und demokratischer ist! Dafür setzen wir uns ein – in Thüringen, im Bund und im Europäischen Parlament.

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Ja zu Thüringen, ja zu Europa – Die SPD Thüringen zu ihrer Europapolitik

Wir möchten euch dazu motivieren bei der Landtagswahl am 27. Oktober demokratische und pro-europäische Parteien zu wählen. Europäische Themen spielen auf Landesebene leider oft nur eine untergeordnete Rolle. Uns ist es jedoch wichtig auch dieses Thema der Landespolitik zu betrachten. Dafür haben wir den demokratischen Parteien des Thüringer Landtags, sowie der FPD, den Freien Wählern, den Piraten und Demokratie DIREKT! drei kleine Fragen zu Thüringen und Europa gestellt.

Nach den Antworten von DIE LINKE. Thüringen stellen wir nun die Positionen der SPD Thüringen vor.

1. Worin sehen Sie die Verbindung von Europa- und Landespolitik und welche Bedeutung kommt ihrer Meinung nach der EU insbesondere für Thüringen zu?

Thüringen hat seit 1989 in besonderer Weise von europäischer Solidarität und Unterstützung profitiert. Unsere jetzige moderne Infrastruktur ist ganz wesentlich materieller Unterstützung der EU zu verdanken. Gleichzeitig ist Thüringen Teil der europäischen Werte- und Kulturgemeinschaft. Als Region im Herzen Deutschlands und Europas profitieren wir daher auch ideell von der vereinigenden Kraft des europäischen Gedankens. Das macht nicht zuletzt das gute Miteinander mit den thüringischen Partnerregionen Malopolska und Hauts-de-France immer wieder deutlich. Wenn man auf die verheerenden Kriege des 19. und 20. Jahrhunderts, die von Nazi-Deutschland begangenen Menschheitsverbrechen und die Teilung des Kontinents im Kalten Krieg schaut, weiß man, dass diese Partnerschaft über Grenzen hinweg keine Selbstverständlichkeit ist. Daher müssen wir den Thüringerinnen und Thüringern noch deutlicher machen, welcher Glücksfall ein in Frieden geeintes Europa ist.

2. Für welche Programme und Schwerpunkte würden Sie gerne in der nächsten Förderperiode des Europäischen Sozialfonds von 2012 – 2027 mögliche EU Investitionen nutzen?

Thüringen hat von Investitionen der EU in den letzten Jahrzehnten in vielen Bereichen profitiert. Die gute wirtschaftliche Dynamik führt allerdings – zusammen mit dem BREXIT – dazu, dass die Strukturmittel in den kommenden Jahren deutlich weniger werden. Wir werden uns deshalb mit den anderen ostdeutschen Ländern dafür einsetzen, dass wegen der besonderen Herausforderungen in Ostdeutschland ein möglichst hohes Niveau der Förderung auch in die nächste Förderperiode gewährleistet ist. Gleichzeitig stellen wir mit den Thüringer Akteuren die Weichen, um die europäischen Fördermöglichkeiten jenseits der Strukturfonds noch besser für Thüringen zu nutzen. Wir werden zudem vereinfachte Förderverfahren für die europäischen Strukturfonds auf den Weg bringen.

3. Wie möchten Sie die Europapolitik in Thüringen in den kommenden Legislaturperioden fördern und welche Ideen haben Sie für ein starkes Europa?

Mit der Europapolitischen Strategie des Freistaats Thüringen hat die Regierungskoalition in dieser Legislaturperiode deutlich gemacht, welche große Rolle Europa und die Weiterentwicklung der EU für unser Land spielen. Daran werden wir nach der Wahl anknüpfen und alle Möglichkeiten in Brüssel und in Berlin, im Ausschuss der Regionen und im Bundesrat nutzen, um Initiativen hin zu einem sozialeren und einigen Europa zu unterstützen. Insbesondere werden wir uns ein für einen europäischen Mindestlohn, eine europäische Arbeitsbehörde sowie eine europäische Steuerpolitik, die Steuerschlupflöcher schließt, einsetzen.

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Allgemein JEF Europe

JEF veranstaltet Europäischen Jugendkonvent

150 Vertreter*innen von Jugendorganisationen sind eingeladen, beim Europäischen Jugendkonvent in Straßburg eine neue europäische Verfassung zu entwerfen, um die Konstruktionsfehler der EU zu beseitigen. Die Veranstaltung soll der Geburtsort einer neuen Gründergeneration Europas werden und findet vom 9. bis 12. März im Europaparlament statt.

Beim Europäische Jugendkonvent (European Youth Convention, EYC) werden 150 Entscheidungsträger von diversen Jugendorganisationen eine neue europäische Verfassung vom 9. bis 12. März im Europaparlament in Straßburg entwickeln. Anschließend werden die jungen Macher bei Politikern der EU und Nationalstaaten für ihre Vision werben. Der EYC wird von dem französischen Verband der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) organisiert, die mit europaweit 30.000 Aktivisten in mehr als 30 Ländern die größte pro-europäische Jugendorganisation bilden.

Die Jungen Europäischen Föderalisten meinen, dass die Regierungen die vielen Europakrisen falsch angehen und damit den Aufstieg der Europaskeptiker ermöglichen. Deswegen wollen sie die Sache selbst in die Hand nehmen, die organisierte Jugendlandschaft der EU vereinen und ein starkes Signal senden, dass die Jugend Europa retten will.

Vertreter*innen von demokratischen Jugendorganisationen können sich ab dem 16. Januar 2017 auf der Webseite des Jugendkonvents bewerben. Organisationen aller Ausrichtungen sind eingeladen, seien sie nicht-politisch, gewerkschaftlich, sozial oder religiös. Die Teilnahmekosten betragen 40 Euro und enthalten Unterkunft, die meisten Mahlzeiten sowie Fahrtkostenrückerstattung bis 100 Euro.

Der Europäische Jugendkonvent wird unterstützt von vielen Institutionen, darunter das Europäische Parlament, die Stadt und Universität in Straßburg, die Alfred Töpfer Stiftung sowie das Spinelli Institut.

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„Zukunftsdebatte Europapolitik“ in der Thüringer Staatskanzlei

Bericht von Theresa Herrmann

Bereits im Thüringen-Monitor 2014 ([icon type=“link“] Link) wurden die Thüringer*innen befragt, was ihrer Meinung nach eine „gute“ oder „erfolgreiche“ Europapolitik auszeichnet. Die (nicht mehr ganz) neue rot-rot-grüne Landesregierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow möchte die Bürger*innen nun auch in die Formulierung der europapolitischen Leitlinien des Freistaats einbinden. Zum Auftakt lud sie Multiplikatoren und engagierte Bürger*innen am 24. Juni 2015 zur „Zukunftsdebatte Thüringer Europapolitik“ in die Staatskanzlei ein.

Die JEF Thüringen war stark vertreten – zu siebt schlugen wir dort auf. Insbesondere saß unser Landesvorsitzender Martin Luckert während der vormittäglichen Podiumsdiskussion neben dem Hausherrn, Europaminister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, dem Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Lutz Hasse sowie der Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis ’90/Die Grünen Madeleine Henfling auf der Bühne. Ein weiterer Stuhl auf dem Podium war anfangs leer, denn die Podiumsdiskussion war als „Fishbowl“ konzipiert: Wer mitdiskutieren wollte, eine Frage hatte oder ein Statement abgeben wollte, konnte auf dem freien Stuhl Platz nehmen, bis jemand anderes ihn ablöste. Auch bei Veranstaltungen der JEF Thüringen haben wir diese Diskussionsform bereits genutzt. Das Konzept ging auf, der Stuhl blieb nie lange leer und das Publikum begrüßte die Einladung zum Dialog zur Thüringer Europapolitik. Martin betonte die Wichtigkeit einer europäischen Öffentlichkeit, die auch durch europäisch ausgerichtete Medien geschaffen wird. Auch ein weiteres JEF-Mitglied meldete sich zu Wort mit dem Wunsch, das eine solche Veranstaltung nicht nur ohnehin europapolitisch interessierten und engagierten Bürger*innen in der Landeshauptstadt vorbehalten bleibt, sondern dass die Zukunftsdebatte Thüringer Europapolitik auch in andere Orte in Thüringen getragen wird.

Der Nachmittag wurde von drei parallel stattfindenden interaktiven Foren ausgefüllt, die der europäischen Dimension der von der Landesregierung auserkorenen Bereichen Innovation, Nachhaltigkeit, Armutsbekämpfung und Integration gewidmet waren. Bemerkenswerterweise trugen alle drei Foren das Wort „Wachstum“ im Titel: „Intelligentes Wachstum für Thüringen“, „Nachhaltiges Wachstum für Thüringen“ und „Integratives Wachstum für Thüringen“. Europa also als Wachstumschance für den Freistaat – auch bzw. gerade in Zeiten eines zurückgehenden Landeshaushalts und auslaufenden EU-Strukturfondsprogrammen. Möglich und nachhaltig gemacht werden soll dieses Wachstum durch Spezialisierung und Innovation und auch durch die Chancen eines wahrhaft europäischen Arbeitsmarktes im Freistaat.

Wir JEF-Mitglieder verteilten uns auf die Foren; ich besuchte das erstere, „Intelligentes Wachstum für Thüringen“, und hörte Impulsvorträge von Prof. Dr. Michael Fritsch (Friedrich-Schiller-Universität Jena) und Dr. Bernd Ebersold (Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft) zur regionalen Entwicklung, Innovationssicherung, der Verbindung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sowie EU-Förderprogrammen in Thüringen. Intelligentes Wachstum für die Region wurde mit Innovation und Entrepreneurship gleichgesetzt. Im Anschluss brainstormten alle Forumsteilnehmer – darunter viele Ministeriumsmitarbeiter, aber auch Vertreter von Handwerksbetrieben, Rechtsanwälte, etc. – über Herausforderungen für die Region sowie Ziele und Strategien, die sie in den europapolitischen Leitlinien reflektiert sehen möchten. Es wurden auch bisherige Linien und Strategien kommentiert und kritisiert. Von der Moderatorin auf Kärtchen gesammelt sollen diese Stimmen in die Entwicklung der Leitlinien in der Staatskanzlei eingehen.

Das Feedback zur Auftaktveranstaltung zur Zukunftsdebatte Thüringer Europapolitik schien positiv auszufallen und die Fortführung des Dialoges wird erwartet. Die Jungen Europäischen Föderalisten Thüringen stehen als Gesprächspartner zur Verfügung, um an dem Projekt Thüringen als Teil eines demokratischen, sozialen, nachhaltigen und föderalistischen Europa mitzuwirken.