Diskussionsveranstaltung mit Timm Schieder, Honorarkonsul der Republik Türkei in Thüringen
Bericht von Martin Luckert
Die Türkei ist Pforte zwischen zwei Kontinenten. Sie ist ein stabiler Staat mit direkten Grenzen in verschiedene Weltregionen, nach Europa, in den arabischen Raum, in Richtung Russlands über die kaukasischen Ex-Sowjetrepubliken sowie als Tor nach Asien. Die Wahlen zur Großen Nationalversammlung sind erst einen guten Monat vergangen, doch schon längst sind diese angesichts der Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik und nach den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 im Kampf gegen Daesh (sog. „Islamischer Staat“) aus dem öffentlichen Fokus geraten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass das Land derzeit in aller Munde ist. Gerade vor dem Hintergrund des erst kürzlich durch die türkischen Streitkräfte abgeschossenen russischen Kampfjets stellte sich die Frage der gemeinsamen Strategie der Alliierten gegen Daesh und der persönlichen und familiären Verknüpfung des Präsidenten der Republik Recep Tayyip Erdoğan mit der Finanzierung der Terrororganisation – ein Vorwurf, der nicht nur vom russischen Präsidenten Vladimir Putin geäußert wurde.
Daneben ringt die Türkei ringt seit über sechs Jahrzehnten mit der Integration in die westliche Welt – ist selbst länger Mitglied der NATO als die Bundesrepublik Deutschland. Am 10. November 2015 veröffentlichte die Europäische Kommission den Fortschrittsbericht zum Land. Dieser wurde seitens der türkischen Regierung als unfair, exzessiv und inakzeptabel zurückgewiesen. Wenig später jedoch fand man sich aber mit den europäischen Spitzen zum Gipfel zusammen und verdeutlichte, dass die die Türkei für außenpolitische Anliegen der Europäischen Union im Nahen Osten eine zentrale Rolle spielt. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass weitere Kapitel im Erweiterungsprozess geöffnet werden sollen. Schieder sieht in einem weiteren, glaubhaften Integrationsversprechen auch Verbesserungen – schließlich werde die Europäische Union das Land nicht aufnehmen, wenn nicht die Kopenhagener Kriterien erfüllt seien. Mit einer echten Beitrittsperspektive würden sich so auch Verbesserungen der demokratischen Kultur, in der Kurdenpolitik oder etwa um den strittigen Status auf der Insel Zypern zeigen. Andernfalls sehe er die Türkei in einer weiteren Immunisierung von äußeren Einflüssen aus Europa, dem arabischen Raum, aus Russland oder dem übrigen Asien.