Bericht von Mathias Staudenmaier
44 Leute, die an diesem Bundesausschuss teilnehmen. Alle im selben Verband wie ich und alle an derselben Sache arbeitend. Und ich kenne davon genau… zwei. Es war nicht nur mein erster BA, es war der erste Ausflug in den Bundesverband hinein, der erste Blick über den Tellerrand JEF Thüringen. Ist man da vorher ein bisschen unsicher, was einen erwartet? Könnte sein.
Und dann noch Brüssel. Die Location stand natürlich schon lange vor dem 22. März, dem Tag, als am Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek sich Selbstmordattentäter in die Luft sprengten. Mein erster Gedanke an diesem Morgen beim Schauen der Sondersendungen: Es könnte schwer werden, meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich in genau diese Stadt fahren würde.
Andererseits war Brüssel natürlich die logische Wahl: Die Hauptstadt Europas, Sitz zahlreicher EU-Institutionen, Schmelztiegel verschiedener Kulturen. Was könnte besser zu unserem Verband passen? Hier hatten wir die Möglichkeit, ein hervorragendes Rahmenprogramm parallel zum BA laufen zu lassen und uns auf europäischer Bühne zu präsentieren.
Auch ich kannte Brüssel von früheren Besuchen und mochte die Stadt. Das Rahmenprogramm versprach viel Interessantes. Und schließlich hatte ich nach zweieinhalb Jahren Mitgliedschaft das Gefühl, es würde endlich Zeit, Leute aus anderen Landesverbänden kennen zu lernen. Also galt es, jegliche Bedenken abzustreifen und sich über das Gästekontingent anzumelden.
Am Donnerstag, den 7. April, ging es los. Teilweise etwas übermüdet von der Anreise begann der BA auf Einladung von Rainer Wieland, MdEP, in der Landesvertretung Baden-Württembergs mit den üblichen Formalia. Das erste Highlight war allerdings für den kommenden Freitagmorgen angesetzt: Der Besuch im Europäischen Parlament.
Dort stand eine Diskussionsrunde mit den Abgeordneten Sven Giegold (Grüne/EFA) und Rainer Wieland (EVP), sowie dem SPD-Politiker Tilmann Tögel aus dem Ausschuss der Regionen an. Thema: Was können wir tun, um der größer werdenden Europaskepsis zu begegnen und auch die JEF selbst nach vorne zu bringen. Der allgemeine Tenor: streiten, Positionen einnehmen, klare Kante zeigen. Anregungen, die wir gerne mitnehmen.
Es folgte ein Gastgeberwechsel: Nun stellte uns die hessische Landesvertretung ihre Räumlichkeiten für die weiteren Beratungen zur Verfügung. Ich weiß nicht, ob es an den motivierenden Worten der MdEPs am Morgen lag, aber hier durfte ich die Diskussions- und Antragsfreude der JEF Deutschland kennen lernen. Ging der zunächst beratene Antrag für eine Reform des EU-Tranzparenzregisters noch relativ problemlos durch, wurde es beim Antrag des Bundesvorstands zum Erhalt des Schengen-Systems etwas komplizierter.
„Hat das Protokoll das?“: Der x-te Änderungsantrag zur Passage, die ein Anderer gerne gestrichen und der Dritte doch bitte verschoben haben wollte, verwirrte wahrscheinlich nicht nur mich als Neuling. Momente, in denen man froh ist, nicht die Sitzung leiten oder gar das Protokoll verfassen zu müssen. Aber, wie wir JEFer*innen nun einmal sind: Am Ende wurde doch gemeinsam ein Antrag beschlossen, der vor allem klar macht, dass die Freiheiten des Schengen-Systems für uns nicht verhandelbar sind.
Im anschließenden Get-Together mit der Europa-Union Brüssel in der Landesvertretung bestand die Möglichkeit, Kontakte zu in Brüssel befindlichen Praktikant*innen zu knüpfen. Das anschließende gesellige Beisammensein mit den Pommes Frites der weltberühmten Maison Antoine und leckerem belgischem Bier in den umliegenden Kneipen sollte bei jenen für sich genommen schon gute Werbung für einen JEF-Beitritt gewesen sein.
Trotzdem standen wir und insbesondere ich selbst am nächsten Morgen hellwach und putzmunter bereit, als… wie, das glaubt mir der Leser nicht? Wie dem auch sei, am nächsten Morgen ging es jedenfalls auf Exkursion in die flämische Stadt Ypern, die im Ersten Weltkrieg umkämpfte Frontlinie war.
Im Zeichen der Mohnblume, dem Symbol für die Erinnerung an die Gefallenen in diesem Stellungskampf, besuchten wir die Ausstellung „In Flanders Fields“, genauso wie drei Soldatenfriedhöfe in der Region. Auch dieser Programmpunkt passte letztlich hervorragend zu uns als JEF: Uns wurde noch einmal deutlich, wie aktuell noch immer der Auftrag zur Erhaltung und Schaffung des Friedens an Europa und an uns alle ist.
Am letzten Tag, dem Sonntag, wurde mir schließlich noch einmal die Pluralität des Verbandes vor Augen geführt: Im letzten inhaltlichen Antrag wurde der so genannte Brexit, also der Austritt Großbritanniens aus der EU, beraten. Ein innerhalb der JEF durchaus umstrittenes Thema, aber auch hier könnte man sich auf einen Beschluss einigen, der einerseits betont, Großbritannien in der EU halten zu wollen, dies gleichzeitig aber nicht um den Preis der „ever closer union“.
Nun, was nehme ich persönlich aus diesen vier spannenden Tagen mit? Einmal die Erkenntnis, dass die JEF auch außerhalb Thüringens ein geselliger „Haufen“ ist. Das sie plural, aber sozusagen wie die EU „In Vielfalt geeint“ ist. Und dass es sich lohnt, sich weiterhin für unseren Verein und die europäische Sache einzusetzen und zu engagieren.
[icon type=“picture“] Bildnachweis: Marcel von Collani, JEF Hessen.