Ein Beitrag von Johanna H. Beckmann
Ein halbes Jahr deutsche EU-Ratspräsidentschaft, ziemlich große Sache, oder? Nun, ich sollte wohl hinzufügen, dass es schon das 13. Mal für Deutschland ist. Wie auch immer, das PR-Team hat einen großartigen Job gemacht, dieses nicht so einmalige Ereignis zu promoten. Gleich zu Beginn gaben sie uns die Chance, all die tollen Projekte zu bewundern, die Deutschland für sein halbes Jahr geplant hatte. Wir bekamen sogar die Chance, mehrere verschiedene, aber nicht wirklich unterschiedliche, Themenlisten zu bekommen. So übernahm ich die gewaltige Aufgabe, aufzuarbeiten, was geplant war und noch wichtiger, was aus all diesen Plänen geworden ist.
Aber lassen wir die PR-Arbeit mal beiseite und werfen wir einen Blick auf den eigentlichen Inhalt: Zunächst einmal – die meisten von Ihnen werden es erkannt haben – erleben wir eine globale Pandemie, also mussten all die hübschen Pläne an unsere unglücklichen Umstände angepasst werden. Aber keine Panik, es ist nur ein kleines bisschen! Als ob irgendjemand hier von dieser kleinen Virus-Sache wirklich hart getroffen worden wäre. Es war offensichtlich völlig machbar, an den ursprünglichen Plänen festzuhalten, wie z. B. „Europas Erholung“ (ich weiß auch nicht, wovon), Europa stärker, gerechter und nachhaltiger zu machen. Warum nicht gleich die Welt retten?
Klingt ehrgeizig! Aber konnten die Deutschen ihre Versprechen einhalten? Stimmt das Ergebnis mit den geplanten Vorhaben überein? Schauen wir uns das mal genauer an:
- Überwindung der Corona-Pandemie und wirtschaftliche Erholung
Dieser verdammte Virus scheint sich von keiner Agenda beeindrucken zu lassen. Es ist immer noch unser größtes Problem und wird es sicher noch eine ganze Weile sein. Wir alle haben gehofft, dass es jetzt vorbei ist, aber mehr oder weniger überraschenderweise sind wir hier mit einigen Mutationen und tollen ökonomischen Anfällen/Zuständen. Das deutsche Auswärtige Amt rühmt sich, „die Europäische Union nach innen und außen gestärkt“ zu haben durch „Einigkeit nach außen und Solidarität nach innen“. Von Solidarität war da nicht viel zu sehen.
Um die positive Seite zu sehen: Viele Menschen haben unglaublich hart gearbeitet, um in ziemlich kurzer Zeit einen Impfstoff zu erfinden. Ich denke, das zu erreichen, ist ziemlich cool. Danke da draußen!
- Ein stärkeres und innovativeres Europa
Zu diesem Thema habe ich nicht wirklich viel zu sagen. Das sollte immer ein wichtiges und konstantes Ziel sein, aber es in diesen Zeiten zu einer Priorität zu machen? Außerdem ist das sehr vage. Wenn Sie wissen, was im Detail gemeint ist, lassen Sie es mich bitte wissen
- Ein aufrechtes Europa
Das ist ein tolles Thema. Tatsächlich haben wir auf unserer Mitgliederversammlung 2020 einen ganzen Antrag dazu verabschiedet und unsere Kernforderung in den 2020er BuKo-Leitantrag der JEF Deutschland eingeschmuggelt.
- Ein nachhaltiges Europa
Die EU will ihre CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent reduzieren, bis 2050 wollen wir Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Mindestens 30 Prozent der EU-Ausgaben sollen in den nächsten sieben Jahren in den Klimaschutz fließen.
Nicht schlecht! Wenn es klappt. Noch besser, wenn wir diese Zahlen übertreffen, aber ich will mir nicht zu viel Hoffnung machen. Jedenfalls werden wir und unzählig viele Menschen vor allem aus der jüngeren Generation Sie auf jeden Fall an Ihre Versprechen halten.
- Ein starkes Europa in der Welt
Okay Leute, ich sehe, es ist wichtig, aber wir mussten einige Probleme in unserer eigenen kleinen Union lösen. Richtig! Ich spreche vom Brexit. Sie können sich schon denken, was ich davon halte. Ich bin immer noch unglaublich traurig, dass Großbritannien beschlossen hat, uns zu verlassen, und ich hoffe einfach, dass wir uns in Zukunft wieder näher kommen können. Nichtsdestotrotz (und alle Probleme damit beiseite) ist es tatsächlich gelungen, eine Einigung zu erzielen. Wenn man bedenkt, dass wir uns bis zur letzten Minute (buchstäblich) nicht sicher sein konnten, bin ich beeindruckt.
Apropos ich bin beeindruckt; das ist genau das, was ich von diesen 6 Monaten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft denke. Es gab eine horrend breite Agenda und in weit mehr Bereichen als ich erwartet hatte, wurden einige nennenswerte Fortschritte gemacht.
Bei all der harten Arbeit freut es natürlich die außerordentlich gute Work-Life-Balance unseres allseits beliebten Lieblings-Staatsministers regelmäßig auf Twitter bewundern zu können.
Guten Appetit Herr Roth!